Kinder gehen am Ufer entlang

Wohin du auch gehst

Bild: iStock / emholk

Johannis

Wohin Du auch gehst

Der Gedanke mag ungewöhnlich sein, aber auch Jesus hatte ein Vorbild. Von Johannes dem Täufer übernahm er nicht nur wesentliche Inhalte seiner Theologie sondern, auch eine besondere Nachfolgeregelung.

Einer Studie der deutschen Industrie- und Handelskammer zufolge, findet jeder 8. Seniorunternehmer, jede 8. Seniorunternehmerin, in Deutschland keinen geeigneten Nachfolger für sein/ihr Unternehmen. Erstaunlicherweise gibt es ebenfalls Studien, die belegen, dass zahlreiche Jungunternehmer verzweifelt nach Firmen suchen, in die sie sich verantwortungsvoll einbringen können. Die deutschen Führungskräfte haben offensichtlich ein Problem damit, ihr Lebenswerk in die Hände Jüngerer zu geben. Mögen sie auch Vorbilder in Sachen ihrer unternehmerischen Kreativität sein, am Ende liquidieren sie ihre Firma lieber, statt jemand anderem die Leitung zu übergeben.

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Die Geschichte von Johannes dem Täufer, wie sie in der Bibel und einigen außerbiblischen Quellen erhalten ist, erzählt von einer Nachfolge, die ganz anders gestaltet ist. Folgt man den Evangelien, ist anzunehmen, dass Jesus vor Beginn seines öffentlichen Wirkens ein Jünger Johannes war. Der Wanderprediger gab also einen entscheidenden Impuls dafür, dass aus dem Handwerker aus Galiläa ein Prediger wurde, der öffentlich auftrat. Auch wenn er später eine eigene Theologie entwickelte, folgte Jesus in vielen Punkten seinem Vorbild: Ebenso wie Johannes trat er als Wanderprediger mit einem Kreis von Jüngerinnen und Jüngern auf, lehrte Umkehr und Buße und forderte unbedingte Friedfertigkeit. Und am Ende seines Lebens gibt Jesus seinen Jüngern den Auftrag, auszuziehen und alle Völker zu taufen, ebenso wie es Johannes der Täufer selbst getan hat.

Wie regelte nun Johannes seine Nachfolge? Obwohl er einen großen Wirkungskreis hatte und offensichtlich Tausende zu seinen Taufen am Jordan kamen, verstand er sich selbst nur als Wegbereiter. Einer seiner eindrücklichsten Sätze steht bei Johannes (3, 30) und könnte auch heute ein Motto für erfolgreiche Nachfolgeregelung sein: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“. Das kann nur jemand sagen, der sein Lebenswerk als Teil eines größeren Ganzen versteht. Nachfolge bedeutet hier nicht den Verlust von Macht sondern ganz im Gegenteil: Das Vertrauen darauf, dass die eigene Macht begrenzt ist und es letztlich einer anderen, göttlichen Macht bedarf, um das eigene Lebensziel zu vollbringen.

Vielleicht ist Johannes ja gerade in dieser Haltung zum Vorbild Jesu geworden. Nicht zuletzt hat auch Jesus darauf vertraut, dass seine Jüngerinnen und Jünger sein Werk auf dieser Welt fortsetzen. Dieser Auftrag gilt bis heute.

01.07.2014
Kerygma